Auswandern? Der Staat greift zu: Wie die Wegzugssteuer Vermögen bindet

Die steuerliche Belastung der Bürger in Deutschland erreicht immer neue Höhen. Mit einer jährlichen Gesamtsteuerlast von über 916 Milliarden Euro führt Deutschland die europäische Rangliste an. Die Abgabenquote für ein verheiratetes Paar mit Kindern liegt bei 40,8 Prozent, nur Belgien liegt noch darüber. Doch anstatt den Bürgern Erleichterung zu verschaffen, greift der Staat weiter in die Taschen – unter anderem mit der Wegzugssteuer, die ab 2025 noch schärfer wird.

Ein goldener Käfig für Vermögen

Die Wegzugssteuer, geregelt im Außensteuergesetz (AStG), ist ein Instrument, das an Zeiten erinnert, in denen Bürger ihr Land nicht frei verlassen konnten. Sie besteuert Personen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen, so, als hätten sie ihre Unternehmensanteile zum aktuellen Marktwert verkauft – unabhängig davon, ob ein Verkauf tatsächlich stattgefunden hat. Diese sogenannten stillen Reserven werden mit dem persönlichen Steuersatz belastet, der schnell über 40 Prozent liegen kann. Für viele Unternehmer bedeutet das, Kredite aufzunehmen oder Anteile zu verkaufen, nur um die Steuer zu begleichen.

Die Geschichte der Wegzugssteuer reicht weit zurück. 1931 wurde die „Reichsfluchtsteuer“ eingeführt, 1972 folgte die „Lex Horten“, nachdem ein Unternehmer durch seinen Umzug in die Schweiz Steuern vermied. Was ursprünglich Großunternehmer im Blick hatte, trifft heute fast jeden: Die Beteiligungsgrenze für die Steuerpflicht wurde von 25 Prozent auf nur noch 1 Prozent gesenkt. Damit wird das Netz des Staates immer enger.

Doppelter Eingriff in die Freiheit

Die Wegzugssteuer ist nicht die einzige Hürde. Das Auswandererschutzgesetz verbietet zudem die geschäftsmäßige Werbung für Auswanderung. Wer also überlegt, Deutschland zu verlassen, wird nicht nur steuerlich zur Kasse gebeten, sondern darf auch kaum Informationen über seine Möglichkeiten erhalten. Selbst wenn Unternehmen weiterhin in Deutschland Steuern zahlen, greift die Steuer – ein klarer Eingriff in die persönliche und wirtschaftliche Freiheit.

Besonders perfide: Die Steuer wird fällig, sobald der Wohnsitz aufgegeben wird, noch bevor das Doppelbesteuerungsabkommen greifen kann. Auch Vermögen, das vor dem Zuzug nach Deutschland im Ausland aufgebaut wurde, bleibt nicht verschont. Wer auswandert, wird also doppelt bestraft: durch die sofortige Steuerlast und durch die bürokratischen Hürden, die eine sorgfältige Planung erforderlich machen.

Tücken und bürokratischer Aufwand

Die Wegzugssteuer birgt zahlreiche Fallstricke. Das Finanzamt legt den Wert der Anteile einseitig fest, wer widersprechen will, muss teure Gegengutachten erstellen lassen. Innerhalb der EU gibt es zwar eine Stundungsmöglichkeit, doch diese ist ein bürokratischer Marathon: Steuerpflichtige müssen regelmäßig nachweisen, dass sie ihre Anteile noch besitzen, und jede Änderung melden. Bei Wegzügen in Nicht-EU-Länder entfällt selbst diese Option – die Steuer wird sofort fällig, auch ohne realisierten Gewinn.

Ein Praxisbeispiel zeigt die Härte der Regelung: Ein ausländischer Staatsbürger, der nach Deutschland zog und später in sein Heimatland zurückkehrte, wurde bei seiner Rückkehr von verschärften Regelungen überrascht. Seine ausländischen Unternehmensanteile, die bei seinem Zuzug nicht steuerpflichtig waren, wurden nachträglich erfasst.

Neue Regelungen ab 2025

Ab 2025 greift die Wegzugssteuer auch Fondsanleger. Nach dem Investmentsteuergesetz (InvStG) werden Investmentanteile und Fonds ab einem Wert von 500.000 Euro besteuert. Der fiktive Gewinn wird mit bis zu 27,99 Prozent besteuert, selbst wenn kein tatsächlicher Verkauf stattgefunden hat. Besonders bei thesaurierenden Fonds wird die Berechnung der stillen Reserven zu einem komplexen Problem, das Steuerzahler und ihre Berater vor große Herausforderungen stellt.

Diese Ausweitung zeigt, wohin die Reise geht: Der Staat zielt nicht nur auf Unternehmer, sondern auch auf das Privatvermögen von Anlegern ab. Während andere Länder mit attraktiven Steuersätzen um Fachkräfte und Unternehmer werben, setzt Deutschland auf Abschreckung und Kontrolle.

Flucht aus dem System?

Trotz der verschärften Regelungen geben viele nicht auf. In den letzten Jahren haben rund 265.000 Deutsche ihren Wohnsitz ins Ausland verlegt – fast doppelt so viele wie vor zehn Jahren. Die Wegzugssteuer mag ein Hindernis sein, doch der Wille, dem steuerlichen Druck zu entkommen, ist ungebrochen. Wer auswandern möchte, sollte jedoch frühzeitig planen und sich gut beraten lassen, um die finanziellen und bürokratischen Hürden zu meistern.

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